Kultur- und Bildungszentrum: Nichts tun ist keine Option für die Zukunft.

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Die Hugenottenhalle und die Stadtbibliothek sollen zu einem Kultur- und Bildungszentrum umgebaut werden, in dem der Veranstaltungsbereich, die vergrößerte Bibliothek, die Volkshochschule, die Musikschule und das Kulturbüro interdisziplinär zusammenarbeiten wollen. Ein sogenannter ‚Dritter Ort’, ein Wohnzimmer für die ganze Stadt soll entstehen. Die Umsetzung wurde 2020 von der Stadtberordnetenversammlung einstimmig beschlossen, auch ein Architekturwettbewerb wurde bereits vorbereitet. Der Baubeginn war für 2026 vorgesehen. Doch die finanzielle Lage ist angespannt, bereits jetzt kommt es zu Verzögerungen. Bei der Präsentation des städtischen Haushalts für 2024/25 liess der Kämmerer verlauten, angesichts der Menge anstehender Großprojekte wie z.B. der RTW sei der Umbau nicht mehr darstellbar. Die Halle, die 1977 eröffnet wurde, ist jedoch im stark sanierungsbedürftigen Zustand und auch die Bibliothek benötigt dringend mehr Platz.

Ein Gastbeitrag von Theo Wershoven:

Neu-Isenburgs Stadtverordnete stehen zu Beginn der Haushaltsberatungen 2024/25 vor weitgehenden Entscheidungen. Eine davon ist der von Stadtkämmerer Stefan Schmitt angedrohte Verzicht auf den Umbau der im höchsten Maße sanierungsbedürftigen Stadtbibliothek und der Hugenottenhalle in ein neues Kultur- und Bildungszentrum. Erst in jüngsten Tagen mussten Veranstaltungen abgesagt werden, weil die Hugenottenhalle unter Wasser stand. Es ist noch nicht lange her, dass die Stadtbibliothek wochenlang nur sehr eingeschränkt benutzt werden konnte, weil durch einen Wasserrohrbruch Bücher und Einrichtungen in großem Umfang beschädigt worden waren. Und selbst Gäste des Restaurants Tonino wurden vor nicht allzu langer Zeit von Wassertropfen aus der Decke überrascht – Gott sei Dank, ohne Schaden zu nehmen. Mittlerweile ist der Sanierungsbedarf so groß, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um vor weiteren oder ähnlichen Überraschungen gefeit zu sein.

Gewiss, die von den Stadtverordneten zu beschließenden Maßnahmen – ob bloße Sanierung oder Umbau in ein Kultur- und Bildungszentrum – kommen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Aber gar nichts zu machen wäre einfallslos und würde auch das Problem nicht lösen. Die Stadt hat für dieses Projekt, das sie in der letzten Legislaturperiode mit großer Mehrheit auf den Weg gebracht hat, schon beträchtliche Summen für Gutachten und Architektenhonorare ausgegeben und ist Verpflichtungen eingegangen. Das nun einfach alles „kippen“ zu wollen. wäre unverantwortlich und wenig weitsichtig: Sanierungskosten entstünden der Stadt, auch wenn sie nichts tut.

Auch die immensen Energiekosten für beide Gebäude wären ohne Umbaumaßnahmen unvermeidlich. Das würde bedeuten, gutes und teures Geld schlechtem hinterherwerfen. Die Stadt hätte nur noch technisch und energetisch veraltete Veranstaltungsorte anzubieten, die kein Veranstalter mag. Wo keiner mehr hingeht. Die Huha als einstiger „Leuchtturm“ der Region würde bald nur noch als „schlecht beleuchtete Straßenlaterne“ wahrgenommen. Ein Imageschaden für die Stadt, den nicht nur die Veranstalter, aber auch die Bevölkerung nicht will.

Die Stadt Neu- Isenburg ist auch nicht über Nacht arm geworden, wie gelegentlich der Eindruck erweckt wird. Die Steuereinnahmen können sich nach wie vor sehen lassen. Dass sie sich im Laufe des Jahres verändern können, ist eine Binse, die alle Stadtkämmerer im Köcher haben, um allzu großzügige Wünsche der Fraktionen abzuwehren. Das steht hier aber nicht zur Debatte, weil das Kultur- und Bildungszentrum als Ersatz für die Stadtbibliothek und Hugenottenhalle vom Parlament inhaltlich schon in der letzten Legislaturperiode abgesegnet und auf den Weg gebracht wurde.

In einer solchen Situation werden von einem Kämmerer nicht nur Zahlenreihen erwartet, sondern in erster Linie kreative Vorstellungen wie eine Stadt – trotz finanziell schwieriger Lage –  weiterentwickelt werden kann, wie der Sprecher der Grünen mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen zu Recht einforderte. Bisher genannte Kosten des Projektes sind rein spekulativ und sollten durch eine grundlegende Planung verifiziert werden. Der vorgesehene Architektenwettbewerb bietet dafür eine entscheidende Grundlage: Er lässt Aussagen über Bau und Baunebenkosten, Kosten der energetischen Ausstattung, des Verbrauchs und Einsparmaßnahmen zu. Ganz zu schweigen von Fördergeldern, die nur dann in Anspruch genommen können, wenn verabschiedungsreife Planungsunterlagen vorliegen. Aber jetzt schon die Flinte ins Korn zu werfen, dürfte für die Bürger kaum eine überzeugende Antwort sein. Die Mehrheitsfraktionen dürften jedenfalls daran gemessen werden, ob sie auch in finanziell schwierigen Zeiten in der Lage sind, eine moderne Stadt mit Zukunft weiter zu entwickeln. Die Haushaltsberatungen und Gespräche der Fraktionen untereinander könnten dabei helfen.

[Theo Wershoven]

Theo Wershoven hat als Kulturdezernent das Projekt ‚Kultur- und Bildungszentrum‘ entscheidend mit geprägt und auf den Weg gebracht. 2021 hat er sich aus dem Magistrat und dem aktiven Politikgeschehen zurückgezogen, um seinen Ruhestand zu genießen. 2022 wurde er mit der Bezeichnung Stadtältester geehrt. Der große Saal der Hugenottenhalle wurde nach ihm benannt.

In Gastbeiträgen möchten wir Raum für andere Positionen und Meinungen schaffen, den Diskurs fördern. Der Inhalt des Textes spiegelt die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

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