Verschiedene Kanäle und der Baum vor der Haustür

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Am Sonntag waren Oliver und ich, Kati, als Medienvertreter zur Jahresauftaktveranstaltung der Neu-Isenburger Umweltorganisationen Watt-Club, ADFC, NABU und BUND eingeladen. Bei der Podiumsdiskussion habe ich mit Kerstin Diacont (Herausgeberin des Isenburgers), Kai Schlichtermann (Redakteur bei der Offenbach Post) und Lydia Zoubek (Bloggerin zum Thema Barrierefreiheit) über die Frage diskutiert, wie es gelingen kann, mit Bürgern über Zukunftsthemen ins Gespräch zu kommen. Das Video der Diskussion könnt Ihr weiter unten anschauen. Im Artikel möchte ich unseren Teil zusammenfassen.

Die Frage, wie wir das, was uns wichtig ist, am besten kommunizieren und mit welchen Themen wir unsere Leser erreichen können, beschäftigt uns natürlich alle – egal, in welchem Medium wir publizieren.

Wir selbst haben uns für ein Blog und zusätzliche Accounts bei Facebook, Twitter/X, Instagram, Threads und Telegram entschieden, weil wir so die Möglichkeit haben, sehr direkt mit unseren Lesern zu kommunizieren und auch schnell zu reagieren, wenn ein Thema es erfordert. Doch jedes Medium bringt Vor- und Nachteile mit sich und:

The medium is the message!

Das Medium ist immer Teil der Botschaft und damit auch der Aufforderung, zu interagieren. Wie schon beschrieben, erreichen wir mit unserem digitalen Medium Menschen sehr direkt. Dafür sind wir aber auch kurzlebiger, rutschen in den sozialen Netzwerken bei der Fülle der Einträge schnell nach unten und werden immer weniger wahrgenommen. Das heißt, wer mit uns kommunizieren möchte, tut es meistens gleich. Ein Magazin wie der Isenburger liegt vielleicht 3 Wochen lang auf dem Tisch und wird immer mal wieder zur Hand genommen – das ist der Vorteil. Dafür kann Kerstin Diacont, wenn sie ihr eigenes Medium nutzen möchte, aber erst ein Vierteljahr später auf Feedback antworten, öfter erscheint der Isenburger nicht. Eine Tageszeitung wie die Offenbach Post kann relativ schnell auf Leserbriefe, Fragen und Hinweise reagieren, ist aber als gedrucktes Medium schnell „vom Tisch“, landet im Altpapier, denn nichts ist bekanntlich so alt wie die Zeitung von gestern. Die Online-Ausgaben hingegen haben – genau wie unser Blog – den Vorteil, dass ältere Artikel weiterhin verfügbar sind und jederzeit gelesen werden können. 

Wichtig ist auch, wie Themen aufbereitet werden. Ist die Gestaltung ansprechend? Und vor allem: Sind die Artikel angenehm zu lesen und leicht verständlich? Gerade bei politischen Themen finden wir es wichtig, auch komplexe Informationen locker und gut lesbar zu präsentieren, denn wer informiert ist, ist in der Lage, sich an Diskussionen zu beteiligen und bewusst mitzuentscheiden.

Unsere Kombination von Blog-Website und Social Media erreicht über die verschiedenen Kanäle also viele Menschen verschiedener Altersgruppen. Aber welche Themen sind es, die gut ankommen?

Verkehr – nie verkehrt?

Wir bemerken, dass das mit Abstand am emotionalsten diskutierte Thema in der Stadtgesellschaft der Verkehr ist. Klar, denn hier hat jeder eigene Erfahrungen gemacht und kann etwas beitragen, anders als zum Beispiel bei speziellen, komplizierten Themen wie dem städtischen Haushalt.

Doch auch bei einem grundsätzlich interessanten Thema gibt es Unterschiede:

Die RTW zum Beispiel ist ein riesiges Projekt, das unsere Stadt in den kommenden Jahren stark verändern wird: optisch und auch im Bezug darauf, wie wir uns fortbewegen. Dennoch ist das allgemeine Interesse hier eher gering. Zu städtischen Infoveranstaltungen kommen – außer uns Politikern und Mitarbeitern der Verwaltung – meist nur eine Hand voll Leute.

Beim Hopper hingegen – einem vergleichsweise winzigen Projekt – lief die Kommunikation mit den Bürgern für uns genau so, wie wir sie uns wünschen: Zuerst waren wir selbst neugierig auf den Hopper und haben mal ein paar Dinge ausprobiert, immer wieder das Gespräch mit den Fahrern gesucht. Dadurch sind vier Artikel entstanden, zu denen wir viele Zuschriften per E-Mail bekommen haben, und auch bei Facebook wurde angeregt diskutiert. Menschen berichteten von eigenen Erfahrungen, stellten Fragen oder dankten uns, weil sie nun verstehen, wie das Ganze überhaupt funktioniert. Schließlich wurde der zuständige Projektleiter bei der kvgOF auf uns aufmerksam und lud uns ein, ihm die Fragen unserer Leser direkt zu stellen. So haben wir uns mit ihm getroffen und aus den Antworten wieder einen Artikel gemacht. Ein lebendiger Austausch, der uns wirklich Freude macht! Wichtig ist also, über die Aspekte eines Themas zu sprechen, die möglichst viele Menschen direkt betreffen. Denn wer etwas beitragen kann, der beteiligt sich meistens auch gerne, und so kommt eine Diskussion in Gang. 

In der Runde gestern kamen wir zu dem Schluß: Wenn erstmal die Bagger bei einzelnen Anwohnern vor der Tür stehen, dann wird auch die RTW sicher schnell zu einem Thema, über das die ganze Stadt spricht.

Wenn es gelingt, dass so viele Leute sich für ein Verkehrsthema begeistern können – kann man sie dann nicht auch motivieren, sich für Umwelt und Klima zu engagieren?

Globale Themen: frustrierend oder leicht zu lösen?

Themen, die unseren ganzen Planeten oder die gesamte Menschheit betreffen, sind für uns kleine Ameisen vor allem erstmal eins: ganz schön abstrakt. Bei dem Versuch, irgendwo anzusetzen, bestehen für den engagierten Bürger zwei Gefahren:

1. Resignation. Wer sich bemüht, den ganzen Planeten zu retten, kann schnell frustriert werden. Wir fahren zur CO2-Vermeidung auch im Winter bibbernd mit dem Fahrrad, während Fabriken in China mehr CO2 ausstoßen als alle übrigen Länder zusammen. Wir kaufen zur Rettung der Ozeane extra brav die teuren 50 ml Bio-Shampoo ohne Mikroplastik, während vor Portugal mal eben ein Container mit 25 Tonnen Plastikkügelchen ins Meer rutscht. Schnell kommen wir an den Punkt, an dem wir uns fragen, ob das alles überhaupt einen Sinn hat.

2. Underachievement. Umgekehrt verleiten kleine Maßnahmen und Konsumentscheidungen auch schnell dazu, sich prima zu fühlen und nicht über weiteres Engagement nachzudenken: Das Kind dreimal mit dem SUV zur Klima-Demo gefahren, Nutella ohne Palmöl gegessen…und man trägt ein sehr schönes Armband aus recycelten Plastikabfällen, die aus dem Meer gefischt wurden. Also, Welt gerettet?

Und das führt uns zu der Frage: Sollen wir wirklich global denken und lokal handeln? Oder heißt die Devise vielleicht

Lokal denken, lokal handeln!

Am Ende ist es vielleicht immer die persönliche Betroffenheit, die Menschen für ein Thema interessiert. Der Erfolg globaler Klimaschutzmaßnahmen ist für uns vor Ort schwer nachvollziehbar. Aber wenn wir hier vor unserer Haustür einen für uns sichtbaren und messbaren Erfolg erzielen können, dann gelingt vielleicht auch die Begeisterung für das größere Ganze. Vielleicht bedeutet das für uns Medienschaffende, dass wir weniger über große Visionen und mehr über vor Ort effektive Maßnahmen reden müssen. Dazu zählen auf lokaler Ebene besonders Projekte zur Klimaanpassung und Klimaresilienz. Wenn wir sehen, wie das städtische Klima sich durch Alleenbäume, durch den Baum vor der Haustür, durch mehr Grün auf einem Platz oder an einer Fassade verbessert, verbessert sich auch die Bereitschaft, mitzuwirken und mitzureden.

Podiumsdiskussion am 14. Januar 2024 im Cineplace

[Kati Conrad]

Dies ist ein privates Blog. Wir sind Mitglieder der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, schreiben hier aber nicht im Namen der Fraktion oder der Partei.

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