Neu-Isenburgs Schicksalsmoment

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Es gibt Entscheidungen, die eine solche Tragweite haben, dass sie alles verändern. In der Stadtverordnetenversammlung am 21. Mai steht eine solche Entscheidung an. 

Die anstehende Abstimmung über die Budgeterhöhung für die RTW wird die Zukunft unserer Stadt in den nächsten 10-15 Jahren bestimmen. In der Entscheidungsvorlage des Magistrats werden die Stadtverordneten um Zustimmung zur Erhöhung des städtischen Anteils an der Finanzierung der RTW von 23 auf 46 Millionen Euro gebeten. Entgegen der ursprünglichen Einschätzung des Magistrats soll dies nun darstellbar sein, weil durch die schon längst offensichtliche Verzögerung bei der Straßenplanung für 2026 und 2027 niedrigere Kosten anfallen. Die Gesamtkosten sind allerdings nochmal erheblich gestiegen (zu den 46 Millionen für die Schiene kommen weitere 85 Millionen für den Straßenumbau) und werden nun über einen viel längeren Zeitraum den städtischen Haushalt belasten.

Nun wird der fatale Konstruktionsfehler der beschlossenen Prioritätenliste für die großen Projekte offensichtlich: Anstatt einen vollständigen Zeit- und Finanzierungsplan im Rahmen einer vorausschauenden Finanzplanung für alle beschlossenen Investitionsprojekte  zu erstellen, wird auf Sicht gefahren, nur auf aktuelle Ausgaben geschaut. Heute schon absehbare unvermeidliche Ausgaben werden ignoriert! Mit der Zustimmung zur Entscheidungsvorlage wird die gesamte finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt für mindestens die nächsten 10 Jahre von der RTW absorbiert und damit faktisch die Stilllegung der Hugenottenhalle innerhalb der nächsten zwei Jahre beschlossen.

Dabei gibt es keinen Grund, jetzt der Budgeterhöhung zuzustimmen. Mit der Zustimmung geben wir jeden Verhandlungsspielraum gegenüber der RTW Gesellschaft, dem Kreis Offenbach und dem Land Hessen auf. Wir übernehmen eine Finanzierung, die wir auf lange Sicht überhaupt nicht stemmen können und machen Neu-Isenburg auf Jahre hinaus zur sozial- und kulturpolitischen Provinzstadt, die sich keine freiwilligen Ausgaben mehr leisten kann. Warum wir – anders als Dreieich – die Finanzierung der RTW aus dem eigenen Haushalt und nicht über den Kreis Offenbach realisieren und akzeptieren, dass sich das Land Hessen nicht stärker an der Finanzierung beteiligt, kann man angesichts der Folgen für Neu-Isenburg niemandem plausibel erklären. Die Erzählung der Koalition, ohne die Zustimmung Neu-Isenburgs würde das gesamte Projekt RTW scheitern, ist abwegig. Ein bereits in der Umsetzung befindliches Projekt mit einem Gesamtvolumen von 1.8 Milliarden Euro, bei dem 1.2 Milliarden von Bund und Land finanziert werden, wird nicht wegen fehlender 23 Millionen aus Neu-Isenburg eingestampft. Es stimmt, dass alle Gesellschafter einstimmig die Budgeterhöhung beschließen müssen, doch das stärkt unsere Position bei Verhandlungen eher, als dass es uns unter Druck setzen sollte. 

Der Druck kommt von anderer Seite: Wie lange die stark sanierungsbedürftige Hugenottenhalle noch durchhält, ist reine Glückssache. Von heute auf morgen könnten wir unser Bürgerhaus und damit einen großen Teil unseres Kultur- und Freizeitangebots verlieren. Die barrierefreie Pflasterung des Alten Orts, die längst überfällige Umgestaltung der Frankfurter Straße, Zusatzleistungen in der Kinderbetreuung, Unterstützung für Vereine…was auch immer wir uns gerne leisten würden – das Geld dafür wird fehlen. Gerade die freiwilligen Leistungen, die Neu-Isenburg als Wirtschaftsstandort und Wohnort attraktiv gemacht haben, würden wegfallen, damit langfristig auch wichtige Gewerbesteuereinnahmen. Es beginnt der Weg in eine Abwärtsspirale.

Aus Sicht unserer Fraktion DIE YSENBURGER! hat der Magistrat noch keinen ausreichenden Fortschritt erzielt, um die Finanzierung der RTW mit der Finanzplanung der Stadt nachhaltig in Übereinstimmung zu bringen.  Deshalb appellieren wir an alle Stadtverordneten, sich die Tragweite der Entscheidung klarzumachen und der Entscheidungsvorlage nicht zuzustimmen, bevor weitere Verbesserungen in der Finanzierung erwirkt wurden und die Realisierung dringender Projekte gesichert ist.

[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]

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