Der Architekturwettbewerb zum Umbau der Hugenottenhalle ist beendet! Gewonnen hat das Büro AFF aus Berlin in Kooperation mit Landschafts.Architektur Birgit Hammer. Für ihren Entwurf entschied sich die Jury aus Fachpreisrichtern (Architekten) und Sachpreisrichtern (Politiker und Vertreter der städtischen Fachbereiche) einstimmig! Der Entwurf überzeugte die Jury durch die große Wiedererkennbarkeit der Halle und durch einen flexibel nutzbaren Aufbau.

Das Gebäude soll in drei Bereiche unterteilt werden:
Der Bereich für die Bibliothek erhält insgesamt 4 Etagen. Im Erdgeschoss lädt ein Lesecafé mit Außenbereich zum Verweilen ein, im 1. Stock ist das reguläre Bibliotheksangebot untergebracht. Im 2. Stock darf es laut werden, hier ist die Kinderbibliothek vorgesehen. Wer in Ruhe lesen oder lernen möchte, kann sich in den ruhigen Bereich im 3. Stock zurückziehen. Außerdem ist noch eine Dachterrasse mit Lesegarten geplant.
Ein weiterer Bereich ist für die Räume der VHS und der Musikschule vorgesehen. Hier soll es verschieden nutzbare Räume geben – vom Gymnastikraum über eine Lehrküche bis hin zu Räumen für kleine Konzerte. Die kleineren Räume können bei Bedarf auch Vereinen zur Verfügung gestellt werden.
Der Veranstaltungsbereich behält seine achteckige Form, auch der Boden und die prägnante Deckengestaltung sollen bleiben. Der Raum öffnet sich aber mit verglasten Bereichen nach außen, wird heller und moderner. Er behält seine Größe und kann nach wie vor auf verschiedene Art bestuhlt und genutzt werden.
Das Gebäude-Ensemble bekommt nun drei Eingänge – einer in jedem Bereich. Es hat, wie der Vorsitzende der Jury, Professor Zvonko Turkali, so schön sagte, nun „drei Gesichter und keine Poposeite“. In der Mitte verzahnen sich die drei Teile in einem gemeinsam nutzbaren Bereich, der ebenfalls für Veranstaltungen flexibel genutzt werden kann. Er kann außerdem geteilt oder als Erweiterung des großen Saals bespielt werden. Der Restaurantbereich wird zur Frankfurter Straße hin erweitert, der Rosenauplatz bleibt weiterhin für Feste erhalten.
Durch diese gut durchdachte Aufteilung sollen alle Bereiche jederzeit nutzbar bleiben – das ist heute so noch nicht möglich. Wird in der bestehenden Halle das Foyer an eine kleine Gruppe vermietet, ist bisher auch der große Saal blockiert. Auch soll ein Rockkonzert in der Halle künftig nicht mehr die Ruhe in der Bibliothek stören.
Begeistert hat die Jury, dass im Entwurf respektvoll mit dem bestehenden Gebäude umgegangen wurde. Was durch gute Qualität überzeugt, soll nicht abgerissen, sondern integriert werden, wie beispielsweise die Treppe oder der bereits erwähnte, sehr robuste Boden in der Halle. Wo es möglich ist, werden Materialien wiederverwendet. Die Halle bleibt erkennbar, ihr Siebzigerjahre-Charme wird in einen modernen Kontext gesetzt.
Wir hatten Gelegenheit, mit den Architekten des Siegerentwurfs, dem Partner Sven Fröhlich und dem leitenden Projekt-Architekten Hanno Schröder, zu sprechen.
YYNI: Zuerst mal herzlichen Glückwunsch zum gewonnenen Wettbewerb! Welchen Eindruck hatten Sie denn eigentlich, als Sie zum allerersten Mal unsere Hugenottenhalle betreten haben?
Sven Fröhlich: Wir haben sofort gespürt, wie sehr die Neu-Isenburger sich mit ihrer Halle identifizieren und wie sehr sie ein Teil der Stadt geworden ist. Unser Büro ist spezialisiert darauf, mit dem Bestand älterer Gebäude zu arbeiten, Wertvolles zu erhalten und durch moderne Elemente zu ergänzen. Klar, zuerst denkt man da an die schönen Häuser aus der Gründerzeit – aber auch die Betonbauten der 60er und 70er Jahre finden wir erhaltenwert. Sie sind robust gebaut und haben viel Potential. Das fiel uns gleich ins Auge.
YYNI: Welche Leitidee hat Ihr Entwurf? Was war Ihnen besonders wichtig?
Hanno Schröder: Wir wollten möglichst viel vom Bestand erhalten und das Ganze mit Ergänzungen so klar wie möglich organisieren: drei Haupt-Bausteine mit verbindenden Flächen dazwischen.
YYNI: Wir Neu-Isenburger haben ja viele Wünsche an unser künftiges Kultur- und Bildungszentrum. Es soll ein Wohlfühlort sein, uns zu Kreativität inspirieren und vor allem natürlich integrative Angebote ermöglichen. Wie wurde das berücksichtigt, was kann der Raum selbst dazu beitragen?
Hanno Schröder: Die Schnittflächen zwischen den drei Hauptbereichen haben wir bewusst offen und transparent gestaltet. Sie liegen zentral und es gibt Sichtachsen. Jeder kann sich anschauen, was die anderen gerade machen. Im Zentrum kann man sich begegnen, gemeinsame Angebote schaffen.
Sven Fröhlich: Offenheit ist das Wichtigste, Grenzen nicht zu definieren und eine fließende Landschaft zu erschaffen. Wenn jeder sich in seinen Bereich zurückzieht, können keine Synergien entstehen. Wir möchten ein räumliches Angebot machen. Entwickeln muss es sich dann von selbst.
YYNI: Wie beurteilen Sie den gesellschaftlichen Wert des Projekts?
Sven Fröhlich: Wir haben es heute bereits mit einem sozialen Ort mit einer eigenen Geschichte zu tun. Er muss für die Neu-Isenburger immer noch historisch lesbar bleiben, denn die Verknüpfungen mit der Stadtgesellschaft sind bereits da. Eine offene Architektur lädt dann zur Beteiligung ein. Wir denken, dass die Wiedererkennbarkeit einen wichtigen Beitrag zur Identifikation leisten wird.
YYNI: Sie wollen so viel wie möglich erhalten, was zum Beispiel?
Sven Fröhlich: Wir schlagen in dem Entwurf vor, die gesamte Stahlbeton-Tragstruktur zu erhalten und mit einer Holz-Skelettstruktur teilweise zu erweitern. Außerdem werden die bestehenden Materialien, wie zum Beispiel Holz- und Steinbodenbeläge oder auch die Holz-Deckenverkleidung in dem Veranstaltungsaal erhalten. Während des Umbaus müssen diese geschützt werden. Im Fall der Deckenverkleidung werden sie vermutlich abgenommen, um die dahinterstehende Technik zu erreichen, dann eingelagert und später wieder angebracht. Auch die Treppe im Foyer der Halle hat eine gute Bausubstanz, die es sich zu erhalten lohnt. Durch die neue Raumaufteilung mit drei Eingängen wird sie in einen neuen Kontext gesetzt. Wir fänden es außerdem wichtig, dass das Restaurant mit dem heutigen Betreiber erhalten bleibt und es gelingt, ihn nach der Bauphase zur Rückkehr zu gewinnen. Er gehört zur Familie.
YYNI: Wie wichtig war Ihnen eine flexible Raumaufteilung?
Sven Fröhlich: Das ist heute eigentlich eine Standard-Anforderung. Sogar in der Original-Hugenottenhalle aus den Siebzigern war das schon berücksichtigt worden – und im Laufe der Jahrzehnte hat sich ja auch immer wieder etwas verändert. Die Aufteilung muss flexibel bleiben.
YYNI: Haben Sie denn bisher schon vergleichbare Projekte realisiert?
Sven Fröhlich: Genau so eins noch nicht. Aber das Bauen mit vorhandenem Bestand ist ein besonderes Steckenpferd unseres Büros. So haben wir zum Beispiel schon mit einem Renaissance-Schloss in Dresden gearbeitet und verschiedene Kulturbauten in Berlin und Umgebung gestaltet. Bei der Ausschreibung für Ihr Projekt wurden solche Nachweise auch gefordert.
YYNI: Gibt es etwas, was Sie lieber anders gemacht hätten, wo unsere Vorgaben Sie eher eingeschränkt haben?
Hanno Schröder: Wir denken vom anderen Ende. Mit Vorgaben zu arbeiten, ist unsere Aufgabe und ohne Ankerpunkte geht es nicht. Wir nehmen das, was wir haben und holen das Bestmögliche raus.
YYNI: Wie gefallen Ihnen denn die anderen Entwürfe, haben Sie da einen Favoriten oder gibt es etwas, was Ihnen besonders aufgefallen ist?
Hanno Schröder: Im Entwurfsprozess erarbeiten wir immer die aus unserer Sicht bestmögliche Lösung unter Berücksichtigung aller Vorgaben. Nach dem Wettbewerb ist es dann sehr spannend und oft auch überraschend, zu sehen, wie andere Architekturbüros die Aufgabe bearbeitet haben.
Sven Fröhlich: Verwundert hat uns, dass oft sehr hart mit dem Bestand der Halle umgegangen wurde. Vieles soll neu gebaut werden, wodurch ein Stück der Identität verlorengeht. Wir haben den Erhalt des Charakters und die Arbeit mit dem Bestand als eine ganz klare Vorgabe gesehen. Einige Ansätze fanden wir sehr interessant, zum Beispiel das Foyer, das sich zum Vorplatz hin öffnet.
YYNI: Wir fanden bemerkenswert, dass absolut jedes Mitglied der Jury hinter der Entscheidung stand und mit der Auswahl Ihres Entwurfs zufrieden und glücklich war. Und die Jury war wirklich bunt zusammengesetzt aus Fachleuten und Laien, aus Politikern aller im Parlament vertretenen Fraktionen, aus Befürwortern und Kritikern des Projekts. Gab es denn auf Ihren Entwurf auch schon negative Reaktionen?
Sven Fröhlich: Bisher nur positive! Und dass eine Jury sich einstimmig für einen Entwurf ausspricht, erleben wir sehr selten. Wir fühlten uns hier willkommen und fanden es toll, alle kennenzulernen. Wir konnten eine positive Euphorie spüren, eine Begeisterung für die „alte neue“ Halle. Das fertige Kultur- und Bildungszentrum wird in die ganze Umgebung ausstrahlen und sicher viele Neu-Isenburger zur Beteiligung einladen. Wir freuen uns sehr darauf!
YYNI: Und wir erst! Ein wichtiges kulturelles und gesellschaftliches Projekt, das jahrelang hinter verschlossenen Türen beraten wurde, ist nun endlich aus dem Ei geschlüpft und fliegt hinaus in die Stadtgesellschaft. Wir sind gespannt auf das Feedback. Herzlichen Dank für das Interview!
Wie geht es weiter?
Das Architekturbüro AFF wird mit Begleitung des vom Parlament beauftragten Büros Freischlad & Holz nun – vorbehaltlich dem OK der Stadtverordnetenversammlung – den Entwurf weiter ausarbeiten. Dabei wird die Planung immer detaillierter, Empfehlungen des Preisgerichts und der verschiedenen Fachleute (z.B. Haustechnik) werden berücksichtigt. Am Ende dieser Entwurfsplanung erhalten wir dann endlich das lang ersehnte Preisschild. Voraussichtlich Ende 2025 kann die Stadtverordnetenversammlung dann die Umsetzung beschließen und Fördergelder können beantragt werden. Die Genehmigungsplanung startet. Und so werden wir vermutlich den 50. Geburtstag des Gebäudes im Februar 2027 in der alten Halle feiern und direkt danach mit dem Umbau beginnen.
Die Entwürfe können noch bis zum 1. September 2024 von 10:00 bis 18:00 Uhr in der Hugenottenhalle angeschaut werden. Den Gewinner findet Ihr ganz hinten links. 🙂











[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]
Dies ist ein privates Blog. Wir sind Mitglieder der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, schreiben hier aber nicht im Namen der Fraktion oder der Partei.