„Wer nicht weiß, welchen Hafen er ansteuern will, für den ist kein Wind ein günstiger“, erklärte uns bereits vor knapp 2000 Jahren der römische Philosoph Seneca. Mit einem Schiff – zuerst in Schieflage, später auf Untergangskurs – haben wir den städtischen Haushalt ja bereits mehrfach verglichen. Seit Februar 2024 berät nun eine Arbeitsgruppe über Einsparmaßnahmen in den einzelnen Fachbereichen. Mit großem Zeit- und Personalaufwand Kleinstbeträge zu durchforsten, löst aber unser Problem nicht.

Die Haushaltssperre und die nachträgliche Umsetzung versäumter Gebührenanpassungen sind kaum relevant für die dringend notwendige Haushaltssanierung. Die finanzielle Schieflage ist entstanden, da in Jahren mit hohen Gewerbesteuereinnahmen die laufenden Ausgaben im städtischen Haushalt kontinuierlich gesteigert wurden. Davon machen die Personalkosten nach Abzug der Steuer- und Umlageverpflichtungen mittlerweile fast die Hälfte aller Ausgaben aus. Das wurde vom hessischen Rechnungshof in einer Analyse vergleichbarer Kommunen bereits als auffällig herausgestellt, und hier ist sich das gesamte Parlament auch einig: Es muss etwas passieren.
Unsere Stadtverwaltung leistet sehr gute Arbeit, daran gibt es keine Zweifel. Aber es gibt eine weitere Herausforderung: In den nächsten Jahren werden ca. 42% der städtischen Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, diese Stellen lückenlos qualifiziert nachzubesetzen wird nicht gelingen. Wenn wir hier nicht rechtzeitig gegensteuern, wird das für die verbleibenden Rathausmitarbeiter kein Spaß. Die Abläufe bleiben gleich, aber fast die Hälfte der Kollegen ist weg. Es droht Überlastung, Unzufriedenheit oder auch der Ausfall von Leistungen, für die es einfach keine Kapazitäten mehr gibt.
Mit einer Modernisierung und Restrukturierung der Verwaltung könnten wir also gleich zwei Probleme auf einmal lösen und damit außerdem eine Grundlage für die Bewältigung aller weiteren Herausforderungen in der Entwicklung unserer Stadt schaffen. Dabei geht es keineswegs um Entlassungen, im Gegenteil. Wer im Rathaus nicht mit der Ruhestandswelle aufs heimische Sofa gespült wird, muss fit für die Zukunft gemacht werden. Abläufe in der Verwaltung sollten so weit wie möglich vereinfacht, automatisiert und digitalisiert werden. So kann es gelingen, die wegfallenden Stellen nicht mehr nachzubesetzen und Synergien zwischen ähnlichen Aufgabengebieten zu nutzen. Mit einer modern aufgestellten Verwaltung wirken wir dem Fachkräftemangel entgegen, erhöhen die Zufriedenheit des Rathausteams UND senken die hohen Personalkosten erheblich.
Zur nächsten Stadtverordnetenversammlung am 6. November beantragen wir daher eine effiziente und zukunftsfähige Verwaltungsstruktur, die vom Magistrat erarbeitet werden soll. Dabei halten wir externe Unterstützung durch eine Beraterfirma für notwendig, um eine objektive, neutrale Perspektive sicherzustellen und von Erfahrungen aus vergleichbaren Umstrukturierungen zu profitieren. Nur eine ganzheitliche Betrachtung stellt sicher, dass das volle Potenzial einer neuen Organisationsstruktur genutzt werden kann. Es ist wichtig, zuerst die optimalen Abläufe zu ermitteln und dann darauf basierend die Struktur zu entwickeln. Würde man einfach nur „nebenbei“ Stellen nicht nachbesetzen, würden einzelne Mitarbeiter überlastet und komplizierte Abläufe blieben bestehen.
Bisher hat der Magistrat sich weder ein Konsolidierungsziel gesetzt, noch erklärt, bis wann er welches Einsparvolumen erreicht haben möchte. Klar ist hingegen, dass bei ausbleibendem Erfolg der Konsolidierung Steuererhöhungen für die Bürger und Unternehmen kommen werden. Politische Verantwortung zeigt sich gerade in schwierigen Zeiten. Magistrat und Stadtverordnetenversammlung sind jetzt gefordert, Veränderungen voranzutreiben.
[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]