Die Riedbahn verbindet die Städte Frankfurt und Mannheim und ist im Personenverkehr die am stärksten belastete Strecke des gesamten Netzes. Täglich fahren hier bis zu 300 Züge des Fern-, Nah- und Güterverkehrs. Verspätungen, die hier entstehen, haben Auswirkungen auf das gesamte Netz, die Deutsche Bahn spricht von einem Dominoeffekt. Teil dieser berüchtigten Strecke ist unser Bahnhof Zeppelinheim, an dessen Südseite künftig auch noch die geplante Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar beginnen soll. Für das neue Flughafen-Terminal 3, das künftig an die Riedbahn angebunden werden soll, ist eine niveaugleiche Ausfädelung aus der Riedbahn südlich von Zeppelinheim vorgesehen.
Nun soll die Riedbahn aber erstmal zum „Pilotprojekt für ein neues Hochleistungsnetz“ werden – durch eine Generalsanierung der Strecke. Dabei sollen die technischen Anlagen erneuert und Bahnhöfe entlang der Strecke modernisiert werden. Um diese Arbeiten durchführen zu können, wird die gesamte Strecke vom 15. Juli bis 14. Dezember gesperrt. Um die Auswirkungen der Sperrung und der Bauarbeiten für Zeppelinheim näher zu erläutern, war am 20. Juni 2024 ein Infomobil der Deutschen Bahn vor Ort. Wir sind mit dem Rad hingefahren und haben uns informiert.




Schienenersatzverkehr
Wenn eine komplette, 70 km lange, zweigleisige Bahnstrecke ausfällt, muss der Betreiber sich etwas einfallen lassen und die Bahn war hier durchaus kreativ. Ein umfangreicher Ersatzverkehr mit modern ausgestatteten Bussen wurde geplant, der bestehende Linien miteinander verbindet, aber auch Verknüpfungen schafft, die es bisher nicht gab – so ist es zum Beispiel möglich, von Zeppelinheim aus mit dem Bus Q2 direkt nach Langen zu fahren. Für die durch die Einschränkung der Linie OF-52 sonntags buslosen Zeppelinheimer vielleicht sogar vorübergehend ein praktikabler (Um-) Weg in die Kernstadt: Die Fahrt von Zeppelinheim nach Langen dauert zwar etwa 30 Minuten, der Ersatzbus fährt aber täglich im Halbstunden-Takt und hält in Langen direkt am Bahnhof, von wo die S-Bahnen S3 und S4 in 7 Minuten zum Bahnhof Neu-Isenburg fahren. (Fahrplan hier!)
Aber es gibt auch Herausforderungen. Da wäre zuerst die Erreichbarkeit der Ersatzhaltestelle Wilhelm-Haas-Platz. Der Haltepunkt für den Ersatzbus in Richtung Frankfurt (Richtung Süden: Haltestelle Heideweg!) liegt jenseits der B44 und kann nur über eine Brücke mit Treppe erreicht werden. Das ist für Rollstuhl, Kinderwagen, Fahrrad und Rollator nicht machbar. Für blinde und sehbehinderte Personen bietet die Bahn eine Wegbegleitung an, die über db.de/wegbegleitung erreicht werden kann. Vielleicht könnte hier auch eine Möglichkeit geschaffen werden, Personen mit körperlicher/motorischer Einschränkung zu helfen. Da das Tragen von Gefährt und Insassen auf der Treppe aber schwierig und gefährlich ist, bliebe vermutlich nur eine Fahrt mit einem behindertengerechten Fahrzeug auf die andere Straßenseite. In diesem Fall könnte der barrierefreie Hopper – trotz aller Einschränkungen – die einfachere Alternative sein.
Eine weitere Schwierigkeit kann der Fahrkartenkauf darstellen. Der Erwerb über die RMV-App ist zwar möglich, wer das aber nicht hinkriegt und eine Fahrkarte auf Papier kaufen möchte, kann das nicht beim Fahrer tun, sondern muss den Fahrkarten-Automaten aufsuchen. Blöderweise befindet der sich nach wie vor am Bahnhof – die Ersatzhaltestelle aber genau am anderen Ende von Zeppelinheim. Ob hier eine Alternative geschaffen werden kann, haben wir bei der Bahn am Infomobil erfragt, warten aber noch auf Antwort.



Der Bahnhof Zeppelinheim
Unser Bahnhof soll schöner werden – aber ist er damit auch fit für die Zukunft? Die Bahn plant derzeit eine Bike & Ride Anlage (wir hatten nachgefragt, ob Fahrradboxen geplant sind und warten auch hier noch auf weiterführende Informationen), eine Dachsanierung der Rampe inklusive neuem Anstrich, neues Wartemobiliar, neue Wetterschutzhäuschen, eine Erneuerung der Sicherheitsschraffur und der taktilen Wegeleitung für Blinde und Sehbeeinträchtigte sowie ein modernes Fahrgastinformationssystem. In der Unterführung werden die Wände neu gestaltet. An der Rampe sollen die Handläufe beleuchtet und eine Windschutzwand installiert werden. Die bestehenden Lärmschutzwände sollen erhöht werden.

Sehr schön, aber reicht das?
Was den Lärm betrifft, so befürchtet der Ortsbeirat auf der neuen Strecke nachts eine Zunahme des Güterverkehrs und fordert einen besseren Lärmschutz.
Die Rampe wird zwar optisch verbessert, erfüllt mit 13% Steigung die aktuellen Anforderungen an Barrierefreiheit aber leider nicht. Für Rollstuhlfahrer sollte eine Rampe nur 6% Steigung mit Zwischenpodesten aufweisen. Eine Alternative wäre ein Aufzug (der aber auch anfällig für Störungen ist, siehe Bahnhof Neu-Isenburg).
Auch die Länge der Bahnsteige kann zum Problem werden: Wird das neue Flughafen-Terminal 3 an die Strecke angebunden, ist mit einer noch stärkeren Auslastung zu rechnen. Dass das mit kurzen S-Bahn-Zügen bewältigt werden kann, können wir uns schwer vorstellen. Für die langen Züge ist der Zeppelinheimer Bahnsteig aber zu kurz. Die Konsequenz wäre, dass ggf. nicht alle Türen geöffnet werden können. Fahrgäste müssten noch an der Haltestelle mit Gepäck durch den Zug eilen – Chaos, Verzögerungen und damit Verspätungen sind vorprogrammiert.
Was tun?
Das kleine Zeppelinheim ist an mehreren Schienen-Infrastrukturprojekten gleichzeitig beteiligt: Die Sanierung der Riedbahn, die Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar, die Anbindung des neuen Flughafen-Terminals und die Umgestaltung des Knotens Frankfurt Stadion. Wenn der Bahnhof in Zeppelinheim sowieso renoviert und die Strecke aufwändig gesperrt wird, würden wir uns in dem Zusammenhang auch eine zukunftsfähige Umgestaltung wünschen. Das zu erreichen ist aber nicht einfach, da über die Veränderungen an unserem kleinen Bahnhof der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages entscheiden wird. Das bedeutet, Parlamentarier aus ganz Deutschland müssen von der Notwendigkeit überzeugt werden und für die Abgeordneten betroffener Wahlkreise wird es eine Herausforderung, Mehrheiten zu organisieren. Die Stadt Neu-Isenburg hat ihre Anforderungen bereits 2021 in einem Positionspapier kommuniziert.
Liebe Zeppelinheimer, habt Ihr noch weitere Fragen, Ideen oder Anregungen? Dann schreibt uns an zeppelinheim@yyni.de!
Nachtrag vom 27. Juni 2024:
Zu zwei Rückfragen haben wir eine Antwort der Bahn erhalten:
1. Für die Bike & Ride Station sind keine Fahrradboxen geplant, sondern eine Überdachung mit Reihenbügel und Doppelstockanlagen.
2. Die Personenunterführung in Zeppelinheim wird während der Generalsanierung nicht komplett gesperrt, es kann aber temporär zu Einschränkungen kommen.
[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]
Dies ist ein privates Blog. Wir sind Mitglieder der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, schreiben hier aber nicht im Namen der Fraktion oder der Partei.