Der Magistrat der Stadt Neu-Isenburg möchte der Erhöhung des Finanzierungsanteils für die Regionaltangente West (RTW) um weitere 23 Millionen zustimmen. Unsere Fraktion DIE YSENBURGER! hält die Übertragung der städtischen Gesellschafteranteile an den Kreis Offenbach nach wie vor für die beste Lösung.
Neu-Isenburg ist seit 2014 Mitglied der RTW-Planungsgesellschaft und damit auch an den Baukosten für das Projekt beteiligt – anders als die Stadt Dreieich, deren Anteil vom Kreis Offenbach übernommen wird. Nach der Sommerppause wurde bekannt, dass der Finanzierungsanteil für die Gesellschafter um weitere 305 Millionen steigt, der Anteil für das finanziell angeschlagene Neu-Isenburg läge bei 23 zusätzlichen Millionen, mitten in der Haushaltskonsolidierung. Der Magistrat möchte nun der Erhöhung zustimmen – unter der Bedingung, dass die Stadt Neu-Isenburg von der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Genehmigung zur Erhöhung der Umlageverpflichtungen und zur Abweichung von Haushaltsregeln bekommt. Als Alternative wird vorgeschlagen, die für den Straßenbau entlang der neuen Schienen eingeplanten Mittel durch Neuplanung zu reduzieren oder über mehrere Haushaltjahre als bisher einzuplanen.
Diesen Vorschlag sehen wir kritisch. Mit der Verschiebung der Zahlungsverpflichtungen wird die finanzielle Notlage nur fortgeschrieben, Befreiungen von Haushaltsregeln durch das Land Hessen nutzen nichts, wenn es dadurch zu Liquiditätsengpässen kommt. Hier wird die Weiterentwicklung und damit die Zukunft Neu-Isenburgs aufs Spiel gesetzt. Wenn wir nichts mehr investieren, schwächt das den Wirtschaftsstandort Neu-Isenburg, das ist der Beginn einer Abwärtsspirale. Für den Straßenbau einen Konsens zu finden, der nicht nur die Ziele der Fraktionen sondern auch die Interessen der Stadtgesellschaft berücksichtigt, war ein langwieriger Prozess, für den zahlreiche Beratungen und Workshops mit Bürgern notwendig waren. Nun auf die Schnelle neu zu planen heißt, die erarbeitete Lösung aufzugeben und in die Diskussion neu einzusteigen. Erneut müsste um Bäume, Radwege und Ampeln diskutiert und schließlich auf vieles verzichtet werden. Wird die Finanzierung über einen größeren Zeitraum gestreckt, wird auch länger gebaut. Damit werden die Bürger noch länger durch Baustellen belastet und die Akzeptanz des Projekts leidet darunter.
Wir hatten zur letzten Stadtverordentenversammlung beantragt, die Gesellschaftsanteile der Stadt Neu-Isenburg an den Kreis abzugeben und an der Finanzierung der RTW – ganz wie Dreieich – weiterhin über die Kreisumlage beteiligt zu bleiben. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Abgabe der Anteile halten wir trotzdem nach wie vor für die sinnvollste Lösung, und die Vereinbarung mit dem Kreis Offenbach und den anderen Gesellschaftern lässt sich auch jetzt noch jederzeit unabhängig von der Budgeterhöhung treffen, finden wir. Zwar hätte man mit der einstimmigen Zustimmungspflicht der Gesellschafter eine gute Gelegenheit gehabt, den Konflikt der RTW-Kostenentwicklung mit den städtischen Finanzen den Gesellschaftern zu verdeutlichen, aber auch so gibt es noch überzeugende Gründe, die Anteile an der RTW-Gesellschaft wieder zurück an den Kreis Offenbach zu übertragen.
Das Hauptargument der Koalition gegen den Antrag war in der Stadtverordnetenversammlung, dass der Kreis die Anteile bestimmt nicht haben wolle, selbst wenn man sie „als Geschenk vor die Tür legt“. Doch hier geht es nicht um Wünsche, sondern um die Interessen des gesamten Kreises: Der RTW-Abzweig nach Neu-Isenburg wird nicht ausschließlich von Neu-Isenburgern genutzt werden, sondern bietet ganz explizit ein Angebot für Pendler aus dem gesamten Kreis Offenbach. Im Birkengewann wird die Stadt Neu-Isenburg dazu auf eigene Kosten für ca. 8 Millionen Euro eine Mobilitätsstation errichten, die Pendlern aus dem Ostkreis den Umstieg in die RTW ermöglichen soll.
Auch von der nachhaltigen Sicherung der Gewerbesteuer in Neu-Isenburg, die durch die Anbindung der Gewerbegebiete an die RTW-Strecke erreicht werden soll, profitiert der Kreis Offenbach direkt. Durch Neu-Isenburgs hohe Gewerbesteuereinnahmen ist die Stadt stärkster Einzahler in die Kreisumlage, die wiederum zur Finanzierung verschiedener Kreisprojekte verwendet wird. Dazu zählt nicht nur der RTW-Anteil des benachbarten Dreieich, sondern auch Projekte wie der Hopper, der gerade im Ostkreis einen großen Mehrwert darstellt.
Es kann daher keinesfalls im Interesse des Kreises liegen, wenn sich die Stadt Neu-Isenburg finanziell an dem Projekt überhebt und es damit in Gefahr bringt. Dazu kommt noch die Gefahr, dass langfristig das Geld für den Erhalt und die Weiterentwicklung der sozialen und kulturellen Infrastruktur fehlt. Das schwächt den Standort Neu-Isenburg und wirkt sich schließlich negativ auf die Leistungsfähigkeit der Stadt und ihre Umlagezahlungen an den Kreis aus. Dass Neu-Isenburg vor diesem Hintergrund seinen Anteil an der RTW nicht über den Kreis finanziert, kann man niemandem überzeugend vermitteln.
[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]