Hu! Ha! HuHa! Hu!

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Na, habt Ihr schon einen Ohrwurm? Die Gruppe Dschinghis Khan erreichte 1979 für Deutschland den 4. Platz beim Eurovision Song Contest. Mit weiteren Hits wie ‚Moskau‘ und ‚Loreley‘ waren sie Dauergast in der Hitparade im ZDF. 1983 traten sie in unserer Hugenottenhalle auf. Die ‚HuHa‘ war damals gerade mal 6 Jahre alt und als Veranstaltungsort für Künstler sehr attraktiv. Zwischen 1977 und 1987 konnte Neu-Isenburg sich über Shows von Stars wie Rudi Carrell, Katja Ebstein, Milva, Karel Gott, Brian Adams, Depeche Mode und The Cure freuen.

Heute ist die Halle in die Jahre gekommen und weist gravierende Mängel auf. Die Lüftungsanlage und die Elektrik sind marode, immer wieder kommt es zu Wasserschäden. Die Wärmebilanz ist katastrophal, viel Geld wird buchstäblich verheizt. Die Siebziger Jahre sind überall spürbar – bei der Raumaufteilung, bei der Bühnentechnik, in den Künstlergarderoben. Und das macht die Halle nicht nur für Künstler immer unattraktiver, es wird allmählich auch zum Sicherheitsrisiko für die Besucher.

Glücklicherweise wurde von Politik und Verwaltung rechtzeitig erkannt, dass eine bloße Sanierung nicht ausreicht. Hier geht es nicht nur um notwendige Reparaturen – auch die Bibliothek braucht mehr Platz, um modernen Anforderungen gerecht zu werden. Die Veranstaltungsräume müssen so geplant werden, dass sie unabhängig voneinander parallel nutzbar sind. Vor allem aber soll ein Ort geschaffen werden, an dem die Neu-Isenburger sich begegnen, zusammen lernen, feiern und Kultur genießen können. 2019 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Umbau zu einem Kultur- und Bildungszentrum, einem ‚Dritten Ort‘. Im August 2024 wurde uns endlich der Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs präsentiert. Der Entwurf der Büros AFF aus Berlin hatte nicht nur unsere Anforderungen an einen modernen Veranstaltungsort berücksichtigt, sondern war auch behutsam mit dem Bestand umgegangen, möchte viel der ursprünglichen Bausubstanz der Halle erhalten.

Nächster wichtiger Schritt ist nun der Start des Vergabeverfahrens zur Beauftragung der Architekturleistungen bis einschließlich Leistungsphase 3. Hier wird durch Fachplaner der Entwurf soweit konkretisiert, dass eine Berechnung der Kosten möglich ist – das ist wichtig, um Fördermittel zu akquirieren. Bisher sind wir von 42 Millionen ausgegangen, durch die allgemein gestiegenen Baukosten ist eine Erhöhung aber wahrscheinlich. Und wir befinden uns gerade in einer Phase der Haushaltskonsolidierung, inklusive Haushaltssperre.

Also priorisieren?

Zur Haushaltsklausurtagung am 27. November 2024 legte der Magistrat als Tischvorlage eine Drucksache vor, in der die Großprojekte priorisiert werden sollen. Die Hitparade sieht so aus:

  1. Platz: RTW (jetzt doppelt so teuer)
  2. Platz: Umbau der Hugenottenhalle
  3. Platz: Umgestaltung des Alten Orts

Die Priorisierung legt eine Reihenfolge fest, in der die Großprojekte bei der aktuell angespannten Haushaltslage angegangen werden sollen. Aber Moment!

Für die Regionaltangente West (RTW) ist eine Fertigstellung frühestens 2030 geplant, der Bau ist bereits heute schon verzögert, das Planfeststellungsverfahren noch nicht mal eröffnet. Die Kosten für die Gesellschafter haben sich außerdem verdoppelt, dem möchte der Kämmerer mit einer „Streckung“ der Finanzierung im Haushalt (und somit auch mit einer längeren Bauzeit) begegnen. Das bedeutet, vor 2030 passiert in Sachen HuHa-Umbau gar nichts. So lange hält das marode Gebäude aber nicht mehr durch. Die Halle müsste vorher saniert (also repariert statt umgebaut) werden. Das birgt folgende Risiken:

Verlust der Investitionen

Egal, wie umsichtig und vorausschauend man bei den Reparaturen plant – man wird nicht alle erneuerten Bestandteile in die neue Halle übernehmen können. Das Geld dafür wäre weg.

Doppelte Unannehmlichkeiten

Die Sanierung macht dieselben Umstände wie der Umbau: Die Halle müsste längere Zeit geschlossen und für diese Zeit eine Interimsspielstätte gefunden werden. Wenn der Umbau dann kommt steht das alles ein zweites Mal an. Das belastet außerdem den Haushalt durch doppelte Ausgaben.

Gigantische Kostensteigerung ohne Mehrwert

Besonders kritisch wird es, wenn größere Sanierungsarbeiten anstehen wie die Erneuerung der Lüftungsanlage, die sich wie eine Krake in der ganzen Halle erstreckt. Hierzu müsste das Dach abgedeckt werden. Eine Baumaßnahmen dieser Größenordnung könnte dazu führen, dass der Bestandsschutz für das Gebäude erlischt. Das bedeutet, dass dann auch Teile wie die Gebäudehülle (Fassade und Fenster) den neuesten Bestimmungen entsprechen müssen. Aktuell liegt hier die Wärmeschutzverordnung von 1977 zugrunde. Wenn die Halle neu gedämmt, verputzt und mit neuen Fenstern ausgestattet werden muss, sind wir ganz schnell in einer Größenordnung, die den Kosten für den Umbau in ein modernes Kultur- und Bildungszentrum entspricht. Nur, dass wir immer noch die alte Halle aus den Siebziger Jahren hätten.

In einer Halle aus den Siebzigern möchten aber die heutigen Äquivalente von Rudi Carrell, Katja Ebstein und Dschinghis Khan nicht mehr auftreten. Das würde bedeuten, dass die Einnahmen aus Veranstaltungen immer weiter sinken, während sich womöglich an einem anderen Ende schon wieder neue Mängel auftun. Nicht nur für die Bürger wäre ein modernes Kultur- und Bildungszentrum mit Veranstaltungsräumen, Bibliothek und Weiterbildungsmöglichkeiten ein riesiger Mehrwert. Auch der Wirtschaftsstandort Neu-Isenburg würde davon profitieren, denn die Stadt wird für Unternehmen und Mitarbeiter attraktiver. Und zur Erinnerung: Es ist die Gewerbesteuer, die uns Investitionen in die Zukunft der Stadt überhaupt ermöglicht.

All diese Erkenntnisse hatte die Politik bereits vor Jahren gewonnen: „Auch wenn im Laufe der vergangenen 20 Jahre regelmäßig in Modernisierungen und Verbesserungen des Gebäudes investiert wurde, lässt die 40 Jahre alte Grundsubstanz des Gebäudes mit einem hohen Anteil an sehr komplexer Gebäudetechnik keine weiteren Modernisierungen mehr zu, ohne erhebliche Kosten und Konsequenzen für den Betrieb des Gebäudes.“ heißt es in der Stadtverordnetendrucksache 18/1640 aus dem Jahr 2019, die als Grundlage für den Beschluss zum Umbau diente. Damals wurden die Kosten für eine bloße technische und energetische Sanierung ohne Strukturveränderung bereits mit 23,5 Millionen Euro beziffert.

Unser Vorschlag

Rein mit der Hugenottenhalle in den Haushalt! Denn bisher wurde der Umbau dort nicht berücksichtigt, lediglich eine Rücklage in Höhe von 15 Millionen zum Ausgleich der Abschreibungen wurde gebildet. Investitionen in Millionenhöhe müssen nicht auf einen Rutsch bezahlt werden, sie werden über Kredite finanziert und haben dadurch eine viel geringere Auswirkung auf die Liquidität als die laufenden Verwaltungsausgaben. Im Finanzhaushalt schlagen sie sich nur mit Zinsen und Tilgung nieder. Für ein Projekt wie den Umbau der Hugenottenhalle wären das im Jahr 1 bis 1,5 Millionen Euro. Diese Belastung lässt sich durchaus stemmen. Allein durch verspätete Stellenbesetzungen in der Verwaltung und durch die Wiederbesetzungssperre haben wir gerade mehr als 3 Millionen eingespart. Wenn diese Einsparung nachhaltig gesichert werden kann, würde das für die Finanzierung von zwei Hugenottenhallen reichen. Die Runterprioriserung der Halle ist also eine rein politische Entscheidung, die wir nicht mittragen werden. Hu! Ha! 

[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]

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